• Fraunhofer IGD: Mit digitalen Lösungen Pflegekräfte entlasten

    Zeit sparen, Qualität steigern

    BildDie Pflegebranche steht vor großen Herausforderungen: Überlastung der Pflegekräfte, steigende Kosten und eine alternde Gesellschaft. Das Fraunhofer IGD entwickelt digitale Assistenzsysteme, um Pflegekräfte zu entlasten und die Qualität der Pflege zu verbessern. So soll die Digitalisierung in der Pflege genutzt werden, um den Menschen wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

    In der Pflege fehlen Fachkräfte – und laut dem hessischen Pflegereport wird sich der Mangel noch verschärfen. So soll der Bedarf an Pflegekräften in der Alten-, Kinder- und Langzeitpflege von 2022 bis 2040 um 50 Prozent steigen. Um dieser wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, sind innovative Lösungen gefragt. Im Pflegealltag nimmt insbesondere die Dokumentation viel Zeit ein. Diese zu digitalisieren und zu automatisieren, ist ein Ziel der Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD.

    Das Fraunhofer IGD entwickelt derzeit eine Anwendung für Smartwatches, die durch Lagesensoren, Beschleunigung und Bewegungsrichtung der Hand sowie den Puls der Pflegekraft verschiedene Pflegetätigkeiten erkennt. Etwa das Heben einer Patientin oder eines Patienten, das Beziehen des Bettes oder das Waschen einer Bewohnerin oder eines Bewohners werden automatisch dokumentiert. Das macht die manuelle Dokumentation überflüssig. „Wir wollen die Pflegekraft nicht kontrollieren, sondern die Pflegequalität durch gesicherte Dokumentation verbessern“, sagt Florian Kirchbuchner, Abteilungsleiter Smart Living & Biometric Technologies. Aktuell wird die Anwendung in einer Demenzeinrichtung und in einer Pflegeeinrichtung des Caritas Darmstadt e.V. evaluiert.

    Medikamentenstellung sekundenschnell kontrollieren

    Ein weiteres Beispiel zur Entlastung der Pflegekräfte ist die Medikamentenstellkontrolle. Das Fraunhofer IGD entwickelt eine Lösung, die mit Hilfe einer Kamera die Tabletten scannt und anhand von Merkmalen wie Form, Größe, Farbe und Oberflächenbeschaffenheit erkennt. Anschließend gleicht das System sie mit einer Datenbank der verschriebenen Medikamente ab und warnt die Pflegekräfte, wenn ein Fehler unterlaufen ist. „Die Lösung reduziert die Fehlerquote bei der Medikamentenvergabe erheblich“, berichtet Kirchbuchner. Denn diese hat drastische Folgen: Bislang sterben nach Schätzungen jährlich etwa 25.000 Menschen an Wechselwirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten oder weil Präparate falsch eingenommen wurden.

    Die Idee ist, dass die Pflegekräfte die Medikamentenkontrolle in Zukunft nicht nur in stationären Einrichtungen, sondern auch mobil – beispielsweise in der ambulanten Pflege zuhause – durchführen können. „Wir wollen auch Angehörigen die Möglichkeit geben, die Medikamentenkontrolle durchzuführen und zu dokumentieren, um sicherzustellen, dass die richtigen Medikamente in der richtigen Dosierung vorliegen“, sagt Kirchbuchner.

    Kamerabasierte Unterstützungstechnologien

    Zusätzlich entwickelt das Fraunhofer IGD Systeme, die kamerabasiert den Puls, die Temperatur, das Bewegungsverhalten und die Emotionen eines Patienten oder einer Patientin erfassen, um den Pflegebedarf zu steuern. Die optische Bildauswertung kann frühzeitig Anzeichen für Veränderungen im Gesundheitszustand erkennen. Das System gibt dem Pflegepersonal Hinweise, wenn Patientinnen und Patienten ein ungewöhnliches Verhalten zeigen, wie vermehrte Toilettengänge in der Nacht oder wenn jemand stürzt und am Boden liegen bleibt. Gerade für ältere Personen, die aufgrund einer Erkrankung wie Demenz kommunikativ eingeschränkt sind, ist eine intelligente Kamera eine große Hilfe. „Wir wollen mit unserer Technologie nicht nur den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten besser nachvollziehen können, sondern auch ihre Privatsphäre respektieren“, sagt Kirchbuchner. Der Schutz sensibler Daten habe deshalb oberste Priorität. Die Kamerabilder werden lokal verarbeitet und nicht gespeichert und alle erhobenen Daten bleiben in der Pflegeeinrichtung oder der Klinik.

    Gründung des Vereins Team Innovative Pflege

    Um die Digitalisierung in der Pflege weiter voranzutreiben, hat das Fraunhofer IGD die Gründung des Vereins „Team Innovative Pflege“ mitinitiiert. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Pflegeeinrichtungen zu fördern und Lösungen in die Praxis zu übertragen. Zu den Gründungsmitgliedern zählen neben dem Fraunhofer IGD unter anderem die Technische Universität Darmstadt, der Caritasverband Darmstadt, die Evangelische Hochschule Darmstadt und weitere Partner. Der Verein plant die Errichtung eines an eine Pflegeeinrichtung angegliedertes Forschungs- und Transferzentrums für digitale Pflege, um neueste Forschungsergebnisse praxisnah anzuwenden und den Wissenstransfer zu erleichtern.

    Weiterführende Informationen: https://fh-igd.de/pflege 

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    Über das Fraunhofer IGD:
    Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD setzt seit über 30 Jahren Standards im Visual Computing, der bild- und modellbasierten Informatik. Die rund 210 Mitarbeitenden des Fraunhofer IGD unterstützten Unternehmen und Institutionen der Branchen Automotive, Gesundheit und Pflege, Bioökonomie und Infrastruktur, Software- und IT-Wirtschaft, Maritime Wirtschaft sowie Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Fraunhofer IGD bietet konkrete technologische Lösungen und hilft bei der strategischen Entwicklung. Die Forscherinnen und Forscher betreiben Datenanalyse, konzipieren Soft- und Hardwaresysteme, entwickeln Prototypen und realisieren und implementieren visuell-interaktive Systeme. Schwerpunkte sind Mensch-Maschine-Interaktion, Virtual und Augmented Reality, künstliche Intelligenz, interaktive Simulation, Modellbildung sowie 3D-Druck und 3D-Scanning. Das Fraunhofer IGD betreibt seit 1987 Spitzenforschung und begleitet an seinen drei Standorten Darmstadt, Rostock und Kiel den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel mit anwendungsorientierten Lösungen. Internationale Relevanz entfalten seine Produkte durch die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Schwesterinstitut an den Standorten Graz und Klagenfurt sowie die Beteiligung an verschiedensten EU-Projekten.

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