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Zwangsstörung: Oftmals liegen übertriebene Glaubenssätze zugrunde
Zwangserkrankungen sind eine erhebliche Belastung für Betroffene und ihren Angehörigen. Die Behandlung des Störungsbildes ist weiterhin schwierig und komplex.
Dennoch gelingt es heute, durch psychotherapeutische und medikamentöse Unterstützung eine Linderung der Symptomatik zu erreichen. Allerdings bedarf die Betreuung der Patienten auch niederschwelliger Angebote wie Sozialberatung oder Coaching. Dieser Überzeugung ist der Leiter der Selbsthilfeinitiative zu Zwangsstörungen, Phobien und Depressionen, Dennis Riehle (Konstanz), in einer aktuellen Aussendung. Der 37-Jährige ist seit seinem 14. Lebensjahr an Zwängen erkrankt und kann heute durch umfangreiche Maßnahmen der Therapie und Selbsthilfe einen Rückgang seiner Beschwerden um bis zu 70 Prozent berichten: „Das wäre nicht gelungen, wenn im Laufe der Zeit der Ursprung, die psychodynamischen Katalysatoren und das Verständnis der Funktionalität der Zwänge nicht erkannt und von mir bearbeitet worden wären. Unter anderem ist dies durch eine intensive Auseinandersetzung mit übertriebenen Glaubenssätzen geglückt, die nahezu bei jedem Betroffener der ,Zweifelskrankheit‘ zu finden sind“, sagt Riehle, der selbst als Coach ausgebildet wurde und als Berater seit mittlerweile 17 Jahren Menschen mit psychischer Erkrankung ergänzend begleitet. „Die überhöhten Ansprüche an sich selbst sind zumeist die treibende Kraft der zwanghaften Rituale, des monotonen Verhaltens und der eingeschliffenen Denkweisen. Betroffene stellen an die eigene Person übertriebene Erwartungen in ethisch-moralischer Sicht und setzen sich damit unter einen massiven Druck. Nicht selten können in der Erziehung und in der Kindheit mögliche Beweggründe für die Ausprägung dieser Stereotypen ausgemacht werden und sollten perspektivisch neu formuliert werden“.
Riehle weiß aus eigener Erfahrung, dass Zwangserkrankte mit sich überaus streng sind: „Da werden Selbstvorwürfe gemacht, die man anderen Personen gegenüber nicht äußern würde. Und auch die Messlatte für Fehler oder Versagen liegt bei Betroffenen oftmals sehr viel niedriger als bei gesunden Menschen. Korrektheit und Makellosigkeit gehören häufig zu den Anforderungen einer zwanghaften Persönlichkeit mit der Tendenz, völlig illusorische Maßstäbe anzulegen. Man verlangt von sich nahezu Übermenschliches und reagiert mit entsprechenden Zwangshandlungen, sobald diese Kriterien nicht erfüllt werden – was in der Regel ohnehin nicht der Fall sein kann. Entsprechend findet sich der Betroffene in der ständigen Situation, noch mehr von sich zu fordern und seinem Ziel damit automatisch niemals gerecht werden zu können. Das ist das Perfide an der Erkrankung: Das selbstgesteckte Selbstbild ist absolut unrealistisch und derart unverhältnismäßig, dass sein Erreichen unmöglich wird. So ein Zustand der dauerhaften Entfremdung führt zu massivem Stress. Und er ist wiederum Triebmittel für weitere Zwänge. Das Hamsterrad wird damit perfekt“, so Dennis Riehle. „Ein möglicher Ausweg ist dann die durch mentales Training förderbare Umformulierung der Glaubenssätze, die der Wirklichkeit wieder näher kommen und mit kritischer Eigenreflexion einhergeht. Doch damit diese eingefahrenen Strukturen gelöst werden können, muss Bereitschaft und Einsicht für Veränderung bestehen. Das kann oftmals nur mithilfe einer psychiatrischen Untermauerung funktionieren“, sagt der Gruppenleiter, der sich aber sicher ist: „Man ist Zwangsstörungen am Ende nicht ausgeliefert, solange eine gewisse Schwingungsfähigkeit und nötige Distanzierung von den selbstzerstörerischen Handlungen und Gedanken vorhanden ist. Man mag zwar auf den ersten Blick gar nicht anders reagieren zu können, als dem inneren Antrieb der Krankheit Folge zu leisten. Mein Beispiel zeigt aber, dass unser Versuch zum Zurückerlangen von Souveränität und Selbstbestimmung erfolgreich sein kann und der Zwang bezwingbar ist“, so Riehle abschließend.
Die Psychosoziale Mailberatung der Selbsthilfeinitiative ist bundesweit kostenlos über www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.
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Herr Dennis Riehle
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